Ich wollte den Farben-Thread nicht zweckentfremden, darum eine Antwort hier separat.
Die häufigste Synästhesieform, dass man Buchstaben, Ziffern, Wochentage, Monate farbig sieht, ist nicht so selten, da müsste statistisch in jeder Schulklasse jemand sitzen. Für mich war es nie ein Problem, es lief nebenbei, war einfach da. Erst als Erwachsene mit Wissen um das Phänomen ging mir auf, dass mich die Farben allenfalls beim Kopfrechnen irritiert habe und ich deswegen darin nie gut war (und immer noch nicht bin). Das ist alles einfach zu bunt.
Es gibt aber Kinder, die echt Mühe haben. Grün + Gelb = Weiss hat keine Logik. Das ist unabhängig und gegebenenfalls zusätzlich zu Legasthenie und Dyslexie. Oder wenn die Kinder gewzungen werden, bestimmte Farben für etwas zu nutzen: Deutsch gehört ins rote Mäppchen, Mathematik ins blaue Mäppchen, obwohl Deutsch doch gelb und Mathematik rosa ist. Die Farben der Rechenstäbchen (gibt es die noch?) passen auch nicht, wie soll man mit diesem Wirrwarr bloss umgehen. Umgekehrt kann man aber die Farben allenfalls als Lernunterstützung und Erinnerungshilfe nutzen. Ich habe das unbewusst schon immer getan.
Es würde also schon viel helfen in der Schule, wenn man jedes Kind für alles seine Farben selber wählen lässt, und keine blöden Bemerkungen macht, wenn ein Kind versehentlich "grün" statt "sieben" sagt.
Bei mir am prägendsten ist aber das Farbenhören. Ein bestimmter Ton ist z.b. eine orange Linie. Ich kann aber nicht sagen: Ich höre den Ton und sehe ihn orange. Sondern der Ton ist orange, ich höre ihn orange, ich kann das gar nicht unterscheiden. Ich kenne es nicht anders, und so wie andere sich das nicht vorstellen können, kann ich umgekehrt nicht nachvollziehen, wie man überhaupt wissen kann, wo ein Ton herkommt, wenn wen ihn nicht sieht. Ich möchte es nicht missen, meine Welt ist wunderschön. Der Nachteil davon ist, dass bei mir die Grenze zur Reizüberflutung rasch erreicht ist. Aber damit habe ich umzugehen gelernt. Seit ich weiss, dass mein Gehirn anders tickt, fällt es mir auch viel leichter, zu meinen Bedürfnissen zu stehen und grosse Feiern, Menschenmassen, lärmige Situationen zu meiden.
Selber lachen muss ich übrigens, wenn ich automatisch verstumme, wenn neben mir jemand ein Foto schiesst, damit mein Geschwätz nicht mit auf dem Bild ist Oder ich selber das Handy zücke wegen des Impulses, das schöne Kirchenglockengeläut über dem Tal zu fotografieren.
Ich habe ein paar weitere Sinnesverknüpfungen, aber das würde hier zu weit führen. Es gibt unzählige Kombinationen. Man kann Farben schmecken, Töne riechen, Bewegung farbig sehen und viel mehr. Es ist weder Krankheit noch besondere Begabung, sondern einfach eine anders funktionierende Wahrnehmung.
Liebe Grüsse
Cestca
(Edit: Tippfehlerkorrektur)